Wenn gegen halb neun an vielen Orten die Arbeit erst so richtig losgeht, hab ich an manchen Tagen den ersten Stresstest für mein Nervenkostüm bereits hinter mir. Es gibt Tage, da habe ich um diese Zeit meinem Kind - am Höhepunkt seiner bisherigen Autonomiephase - bereits mit Nachdruck erklärt, dass es jetzt wirklich keine Schokolade bekommt. Ich habe ihm unter lautem Protest drei furchtbar zwickende Hosen an- und wieder ausgezogen. Und zwischendurch habe ich gesundes Müsli gekocht - oder anbrennen lassen - und die Tränen des anderen Kindes getrocknet.
Wenn dann das eine Kind mit dem Papa abgedüst ist - zum Glück sind wir meist zu zweit - und das zweite von mir schreiend der Kindergartenpädagogin übergeben ist, schaff ich’s endlich wieder durchzuatmen.
Dann starte ich den Tag ein zweites Mal. Ich koche mir erstmal einen Kaffee. Und starte dann oft erst etwas später in die Praxis.
Ich habe gelernt, dass ich diese Pausen zwischen Kinderchaos und Praxis brauche, um gut Shiatsu geben zu können. Nur wenn ich selber gut genährt bin, kann ich Anderen geben.
Wenn ich mich so umhöre im Umfeld, habe ich vielleicht emotional stressigere Morgenroutinen - vielleicht auch nicht. Alles in allem scheint mir, dadurch dass ich Pausen hab und ich mich selber immer wieder gut erden kann, darf ich mich glücklich schätzen. Da gibt es viele, die haben mehr Stress - und weniger Ausgleichsmöglichkeiten. Und damit meine ich nicht nur Eltern. Menschen in den verschiedensten Bereichen fühlen sich gestresst durch Zeitnot, Krisen, Personalmangel und hohe Anforderungen. Wir alle brauchen gute Strategien im Umgang mit Stress.
Aber ganz von vorne …. Was ist denn Stress überhaupt?
Stress und Überforderung entstehen, wenn wir eine Situation oder eine Lebensphase als stressig erleben und zugleich das Gefühl haben, diese nicht bewältigen zu können.
Dieses Gefühl entsteht, wenn wir glauben, nicht über genügend Ressourcen - sei es Zeit, Finanzen, Kraft, Nerven oder Unterstützung - für deren Bewältigung zu haben.
Ab wann wir eine Situation als Stress wahrnehmen, ist dabei individuell sehr verschieden. Abhängig von unserer persönlichen Geschichte als auch unserer körperlichen und psychischen Konstitution, nehmen wir einen Reiz von außen als Stress wahr - und können stressige Anforderungen besser und weniger gut ausbalancieren.
Das beginnt bei ganz simplen Eindrücken wie Licht oder Lärm. Ebenso ist die Reaktion auf Leistungsanforderungen von außen individuell verschieden.
In der Fachsprache heißt diese Fähigkeit auch Selbstregulation.
Wie gut kann ich mich selbst regulieren, wenn Eindrücke von außen und in der Folge angenehme oder unangenehme Gefühle in mir auftauchen. Oder auch: Wie gut funktioniert meine Stressverarbeitung?
Die grundlegenden Fertigkeiten der Selbstregulation werden in der frühen Kindheit gelernt.
Erlebt ein Kind, dass es auf den Arm genommen und getröstet wird, wenn es Angst oder Reizüberflutung erlebt, kann es sich in engem Körperkontakt mit seinen wichtigsten Bindungspersonen beruhigen. Stressverarbeitung wird wesentlich in den ersten zwei bis drei Lebensjahren und vor allem im Körperkontakt oder jedenfalls in enger Beziehung zu stabilen Vertrauenspersonen gelernt. Im Idealfall sind diese Bindungspersonen konstant, selbst entspannt und gut genährt - oder suchen sich rechtzeitig Unterstützung, wenn das eigene Nervensystem dauerhaft überlastet ist. Diese Interaktion nennt sich Co-Regulation: Ich beruhige mich, weil ich wahrnehme, dass Du ruhig bist. Eine wichtige Bedingung dafür ist, dass die Bindungsperson selbst gut reguliert ist und ihre Energiereserven immer wieder gut auflädt. „You first“ ist daher ein wichtiger Ansatz in der Elternberatung: Schau, dass es Dir selber gut geht!
Wird ein Kind nicht adäquat in seinem Stresserleben begleitet, werden seine Bedürfnisse nach Nahrung, Sicherheit und Bindung nicht zuverlässig erfüllt oder erlebt es zusätzlichen Stress durch Gewalt oder Bindungsabbrüche, kann dies zu einem dauerhaft erhöhten Stresserleben führen.
Stress im Körper - Wie wir über den Körper Stressreaktionen regulieren
Stress hat immer eine Reaktion im Körper zur Folge: das Herz schlägt schneller, der Blutdruck steigt, Muskeln verspannen sich und es werden vermehrt Stresshormone ausgeschüttet. Bleibt das Stresslevel dauert hoch und schaffen wir’s nicht, uns gut zu regulieren, leiden vielfach auch Schlaf, Verdauung oder Immunsystem.
Gleichzeitig führen uns Stress und belastende Lebensereignisse weg vom Körper, um Schmerz, Belastung und Anspannung nicht zu spüren. Wir funktionieren nur noch oder unser Kopfkino sucht pausenlos nach einem Ausweg aus der stressigen Situation.
Das ist im ersten Moment durchaus eine sinnvolle Überlebensstrategie. Bei chronischem Dauerstress ist es jedoch ganz wichtig, aus der Übererregung wieder herauszufinden und unseren Körper wieder bewusst wahrzunehmen - am besten noch bevor Erschöpfung und Burnout auftreten.
Atem als unterschätztes Tool bei Stress
Eine unserer wichtigsten Regulationsmöglichkeiten bei Stress ist der Atem. Über den Atem können wir Emotionen regulieren.
Shiatsu mit wohltuender Berührung am Brustkorb, Nacken und Schulterbereich öffnet den Raum, um wieder tiefer zu atmen und folglich wieder genug Sauerstoff in unsere Zellen zu bekommen.
Suchst du oft mit dem Kopf nach Lösungen für Probleme ohne tatsächlich weiter zu kommen? Oder bist du ständig im Tun ohne zur Ruhe zu finden - und der Stress wird trotzdem nicht weniger?
Dann versuch doch mal Zugänge, die über den Körper gehen, wie etwa die folgende Atemübung - oder Shiatsu.
Eine kleine Achtsamkeitsübung für den Atem
Nimm Dir ein paar Minuten Zeit - im Stehen oder im Liegen.
Atme tief ein - und durch den Mund vollständig wieder aus. Spüre, wie sich Dein Brustkorb bei der Einatmung bewegt. Was bewegt sich noch: Dein Bauch? Deine Nasenflügel? Wo ist Bewegung in Deinem Körper für Dich spürbar? Lass Dir einige Atemzüge lang Zeit.
Als Nächstes versuche Deine Hände auf verschiedene Körperstellen zu legen und dorthin den Atem zu schicken: Den Bauch, die Flanken, den unteren Rücken - vielleicht kannst Du sogar bis in Deine Fußsohlen atmen?
Ein. Und wieder aus. Ein. Und wieder aus.
Mit jedem Atemzug verändert sich die Atmung ein wenig.
Shiatsu als Unterstützung zur Stressregulation
Im Shiatsu lernst Du Deinen Körper wieder zu spüren sowie deine Bedürfnisse und Grenzen wahrzunehmen. Mit tiefgehenden Massagetechniken wird die permanent hohe Anspannung gelöst. Du kannst wieder freier atmen. Sanfte Techniken für das Nervensystem ermöglichen zudem Tiefenentspannung.
Meinen Körper wahrnehmen heißt gleichzeitig, dass ich meine Bedürfnisse und Grenzen - oder deren Überschreitung - auch wieder spüre. Oder meine Müdigkeit und Erschöpfung endlich wahrnehme. Dann kann ich darauf reagieren, etwa in dem ich tief durchatme, eine Pause mache oder mir Hilfe hole.
So lernst Du im Körper anzukommen und Deinen Raum zu bewohnen.
Zu Hause fühlen im eigenen Körper ist eine wichtige Basis für Gesundheit und Beweglichkeit, für Selbstwert und Zufriedenheit als auch für gesunde Beziehungen.
Lass Dir dieses Gefühl nicht entgehen.
Ich begleite Dich gerne auf Deinem Weg dahin.